Im Interview mit Christian Bittner, Senior Manager Consulting Services der Vertriebs- und Servicegesellschaft Deutschland
Herr Bittner, was bedeutet die neue Maschinenverordnung für die Praxis?
Die neue Maschinenverordnung wird verschiedene Änderungen für den Maschinenbau mit sich bringen. Die augenscheinlichste Änderung betrifft die Regularie selbst, denn wir sprechen zukünftig von einer Verordnung, nicht mehr von einer Richtlinie. EU-Richtlinien müssen nach deren Erlass oder Erneuerung von allen EU-Mitgliedsstaaten in der Regel zunächst in nationales Recht umgewandelt werden. Verordnungen gelten nach Veröffentlichung unverändert und sofort in jedem EU-Mitgliedsstaat. Dennoch wird man den Anwendern der neuen Maschinenverordnung eine Übergangsfrist von 42 Monaten einräumen, die mit Inkrafttreten der Verordnung 21 Tage nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt beginnt. Damit ist davon auszugehen, dass die Verordnung voraussichtlich ab Herbst/Winter 2026 angewendet werden muss.
Also erstmal zurücklehnen und abwarten?
Wir empfehlen unseren Kunden im Maschinen- und Sondermaschinenbau grundsätzlich, so rasch wie möglich, also sobald die Inhalte final verabschiedet sind, zu prüfen, von welchen Änderungen sie betroffen sind. Ein konkreter Maßnahmenplan hilft, notwendige Anpassungen wie auch Optimierungen im CE-Kennzeichnungsprozess rechtzeitig einsteuern und umsetzen zu können. So können Maschinenbauer gewährleisten, dass sie auch nach Ablauf der Übergangsfrist weiterhin rechtskonforme und vor allem sichere Maschinen, Anlagen und Produkte in Verkehr bringen.
Welche Aspekte der neuen Verordnung finden Sie besonders erwähnenswert?
Aus Sicht des Anwenders sollte man jede Änderung eines solch wichtigen Regelwerks als Erleichterung und Anpassung an den digitalen und technischen Fortschritt verstehen. Das zeigt die zukünftige Möglichkeit einer digitalen Betriebsanleitung. Die bislang bekannte Forderung einer Betriebsanleitung in Papierform entfällt. Auch muss die Betriebsanleitung zukünftig nicht mehr in der Originalsprache und als Übersetzung in eine der Amtssprachen der EU vorliegen. Die Sprache der Betriebsanleitung kann nun zwischen Hersteller und Kunde vertraglich vereinbart werden. Grundlegende Sicherheitsinformationen müssen jedoch weiterhin in Papierform beiliegen.
Auch der Aspekt der „wesentlichen Veränderung von Maschinen“ wird in die neue Maschinenverordnung aufgenommen. Auf dem deutschen Markt ist dieses Thema durch Organisationen wie die BAUA bereits hervorragend etabliert, nun wird es zum „Gesetz“ im gesamten europäischen Wirtschaftsraum. Eine wesentliche Veränderung von Maschinen, etwa durch Umbau oder Retrofit, hat in der Regel zur Folge, dass der „Umbauende“ zum Hersteller werden kann. In dem Fall gelten dann also Anforderungen der Maschinenverordnung, besonders die des EG-Konformitätsbewertungsverfahrens, auch für den Maschinenbetreiber. Pilz bietet seinen Kunden bereits heute eine fundierte Beratung, ob es sich bei dem geplanten Umbau oder Retrofit um eine wesentliche Veränderung handelt oder nicht – entweder in Form von Beratertagen direkt beim Kunden oder durch die Ausarbeitung einer zugehörigen Dokumentation.
Wann und wie bereiten Sie und Ihre Mitarbeiter sich auf anstehende Änderungen vor?
Ich selbst bereite mich bereits jetzt mit meinen Mitarbeitern umfassend auf die neue Maschinenverordnung vor. Erfahrung und Kompetenz bilden ein solides Fundament bei der Beratung unserer Kunden, weshalb wir uns immer frühzeitig mit anstehenden Änderungen in der mittlerweile sehr komplexen Welt der Sicherheitstechnik auseinandersetzen. Hilfreich ist dabei die aktive Mitarbeit von Pilz in vielen national wie international organisierten Normungsgremien und Verbänden. Unsere Pilz Academy und die International Standards Group sorgen dafür, dass wir unsere Mitarbeiter rechtzeitig und ausführlich auf sich ändernde gesetzliche und normative Anforderungen vorbereiten können.