Eine der wichtigsten Normen zur funktionalen Sicherheit, die ISO 13849–1, liegt jetzt überarbeitet im finalen Entwurf vor. Wir haben nachgefragt, was sich ändert.
Herr Bukowski, was ist aus Ihrer Sicht die größte Änderung?
Jürgen Bukowski: Es ist nicht die eine große Änderung, vielmehr die Summe der Änderungen. Zum Beispiel wurden Designvorgaben präzisiert, Anforderungen an die Applikationssoftware und das Management der funktionalen Sicherheit erweitert und die Validierungsvorgaben angepasst.
Für die Bestimmung des erforderlichen Performance Level (PLr) gibt es jetzt präzisere Vorgaben für die Risikoparameter. Für die Möglichkeit, Gefahren zu vermeiden, und die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens müssen Hersteller sowie Betreiber künftig unter anderem genauer definieren: Mit welcher Geschwindigkeit tritt die Gefährdung auf? Oder: Welche Möglichkeiten gibt es, die Gefährdung zu vermeiden? Welche praktischen Erfahrungen mit der Sicherheit gibt es bereits in Bezug auf den Prozess? Wird die Maschine durch ausgebildete und geeignete Bedienpersonen betrieben? Mit oder ohne Beaufsichtigung? Hier sind kleine, aber wichtige Details dazugekommen.
Was bedeutet das für Maschinenhersteller und ‑betreiber?
Sie müssen Sicherheitsfunktionen neu bewerten. Außerdem schreibt der finale Entwurf eine Sicherheitsanforderungsspezifikation (SRS) für die eindeutige Beschreibung von Sicherheitsfunktionen vor – mit Dokumentation aller Details, die für die sichere und korrekte Ausführung erforderlich sind. Die Dokumentation kann auch den Betreibern bei den regelmäßigen Inspektionen und Überprüfungen dabei helfen, ein klares Verständnis aller Sicherheitsfunktionen ihrer Maschine zu bekommen.
Das klingt aufwendig …
Wenn man das erstmalig macht – ja. Mit ein wenig Hilfe und Übung können viele Spezifikationen aber wiederverwertet werden. Maschinenhersteller erhalten auch mehr Flexibilität. So kann jede Sicherheitsfunktion durch die Kombination von mehreren Teilsystemen realisiert werden. Diese liegen entweder als durch den Hersteller bereits validierte Teilsysteme vor oder werden als neue Teilsysteme durch den Maschinenbauer oder Integrator entworfen.
Wann muss gehandelt werden?
Ob es nach der Veröffentlichung der Norm im EU-Amtsblatt eine Übergangsfrist geben wird und wie lange sie sein könnte, ist noch nicht abzusehen. Daher sollten sich Konstrukteure und Betreiber frühzeitig mit den geplanten Neuerungen befassen. Je früher, desto besser.